Thomas Grosse
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Spam per Telefon, Telefax und E-Mail

ISDN

Telefon­spam

Immer wieder wird hier in der Kanzlei unerbeten angerufen, gelegentlich gelingt es den Anrufern, sich an meiner Sekretärin vorbeizumogeln. ZZt. häufigste Masche: gegenüber meiner Sekretärin so zu tun, als sei der Anrufer ein uralter Bekannter von mir. Beworben werden oft Bürobedarf und Versicherungen, aber auch Telekommunikation und Rotwein. Sogar einige Anbieter von juristischer Literatur waren darunter, obwohl die es eigentlich besser wissen sollten. Das gediegenste Ansinnen kam im September 2008: Ob wir nicht in einem nahegelegenen Supermarkt mittels Durchsagen Werbung für meine Kanzlei machen wollen?!

Das nervt. Hält von der Arbeit ab. Mich und meine Mitarbeiter. Blockiert die Telefonleitung. Wir wehren uns dagegen.

Telefonspam gegenüber Privatpersonen

Die Bestimmungen in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) sind unmißverständlich: Privatpersonen ('Verbraucher' im Gesetzeswortlaut) unerwünscht zu Werbezwecken anzurufen, ist völlig unzulässig. Am 27.06.2013 hat der Bundestag das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung vom 26.03.2009 verschärft. Seither kostet unerbetene Telefonwerbung oder Anrufen mit unterdrückter Telefonnummer Geldbußen von bis zu 300.000,00 €. Zugleich werden die Rücktritts- und Widerrufsrechte der Verbraucher gestärkt, auch bei untergeschobenen Internet-Abos.

Telefonspam gegenüber Geschäftsleuten

Auch im geschäftlichen Bereich liegen die Voraussetzungen erlaubter Telefonwerbung fast nie vor, auch angerufene Geschäftsleute werden in der Regel 'unzumutbar belästigt'. Nämlich immer dann, wenn (§§ 823 Abs. 1, 1004 analog BGB), weder eine Geschäftsbeziehung besteht noch eine vorher ausdrücklich erklärte Einwilligung in den Werbeanruf. Das ist einhellige Meinung in der Rechtsprechung spätestens seit der Leitentscheidung des Bundesgerichtshofes vom 16.11.2006: Pressemitteilung.

Hier zur Beschwerdeseite der Bundesnetzagentur für zahlreiche Arten von Belästigungen.

Wir mahnen alle Spammer zunächst ab und fordere sie mit Wochenfrist zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs­erklärung auf. Um diesen Anrufern bzw. ihren Auftraggebern nahezubringen, was im Falle der Nichtabgabe der Unterlassungserklärung passiert, wurde ursprünglich diese Seite angelegt. Fast alle Abgemahnten geben die Unterlassungserklärung rechtzeitig ab. Andernfalls beantragen wir noch am Tage des Fristablaufes den Erlaß einer auf Unterlassung gerichteten einstweiligen Verfügung. Weit haben wir es nicht: Hier im Büro wurden wir belästigt, deshalb ist die Essener Gerichtsbarkeit örtlich zuständig. So sieht die einstweilige Verfügung aus:

Landgericht Essen 4 O 1/09 - Textauszug:

"Der Antrag ist auch begründet. Dem Antragsteller steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin aus § 823 I, 1004 BGB analog wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht als sonstiges Recht im Sinne des § 823 I BGB zu. Die vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasste lndividualsphäre schützt das Selbstbestimmungsrecht des Menschen und bewahrt seine persönlichen Eigenarten in seinen Beziehungen zur Umwelt, und zwar auch in seinem beruflichen Wirken (Palandt, BGB, 68. Aufl., § 823 Rn. 87). Das Selbstbestimmungsrecht umfasst in seiner abwehrrechtlichen Dimension insbesondere das Recht, in Ruhe gelassen zu werden (BGHZ 106, 229). Nach diesen Grundsätzen kommen unverlangte Telefonanrufe zu geschäftlichen Zwecken auch dann als Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Betracht, wenn sie nicht im Privatbereich des Angerufenen, sondern an seinem Arbeitsplatz erfolgen.

Das danach geschützte Interesse des Antragstellers, an seinem Arbeitsplatz von störenden Anrufen zu Werbezwecken unbehelligt zu bleiben, tritt auch nicht im Rahmen der erforderlichen Güter- und Interessenabwägung hinter das Interesse der Antragsgegnerin zurück, möglichst viele Kunden auf möglichst kostengünstige Weise zu gewinnen, so dass ein rechtswidriger Eingriff vorliegt. Insofern ist zu berücksichtigen, dass die angerufene Person im Allgemeinen und der als Rechtsanwalt tätige Antragsteller im Besonderen nicht ausschließen kann, dass es sich bei dem Anruf um eine wichtige Nachricht handelt. Damit besteht für den Angerufenen keine mit seinen berechtigten Interessen vereinbare Möglichkeit, sich des unerwünschten Anrufs zu entziehen. Er muss ihn vielmehr entgegennehmen, was weiter zur Folge hat, dass die Leitung für von ihm erwartete Anrufe jedenfalls kurzfristig nicht zur Verfügung steht. Darüber hinaus kann es dem Angerufenen gerade im Hinblick auf die immer stärkere Zunahme von Telefonwerbungen nicht zugemutet werden, die eigene oder die Arbeitszeit seiner Angestellten zur Verfügung zu stellen, um auf diese Weise einem Dritten die möglichst preiswerte Vermarktung seiner Dienstleistungen zu ermöglichen, sofern der Werbende nicht aufgrund konkreter Umstände ein Interesse des Interesse des Angerufenen an der Dienstleistung vermuten konnte, wofür hier keine Anhaltspunkte bestehen."


Spam per E-Mail oder Telefax

Neben dem Telefonspam nehmen die Belästigungen durch Telefaxspam und E-Mail-Spam zu; alles Vorstehende gilt entsprechend auch für diese. Mit Beschluß vom 20.05.2009, die Gründe sind Ende August 2009 bekanntgeworden, hat sich auch erstmals der Bundesgerichtshof mit einmalig(!) unverlangt übersandten E-Mails an Gewerbetreibende befaßt und seine Rechtsprechung konsequent fortgesetzt:

"Die Zusendung einer Werbe-E-Mail ohne vorherige Einwilligung des Adressaten stellt einen unmittelbaren Eingriff in den Gewerbebetrieb dar. ... Unverlangt zugesandte E-Mail-Werbung beeinträchtigt regelmäßig den Betriebsablauf des Unternehmens. Mit dem Sichten und Aussortieren unerbetener E-Mails ist ein zusätzlicher Arbeitsaufwand verbunden. ... Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stellt ... jede Werbung unter Verwendung elektronischer Post ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten eine unzumutbare Belästigung dar."

Die Gründe gelten in gleicher Weise für Telefaxwerbung. Gegen ausländische Spammer vorzugehen, ist allerdings nicht erfolgversprechend.

Aktuell setzen die Gerichte den Streitwert für das Hauptsacheverfahren in der Regel mit 7.500,00 € fest. Für die einstweilige Verfügung werden meist 5.000,00 € angesetzt, was zu Anwaltsgebühren führt für das gerichtliche Eilverfahren von 772,50 €, wenn wir für uns selbst tätig werden, da dann keine Umsatzsteuer anfällt (BGH 25.11.2004, I ZB 16/04); sind wir für Mandanten tätig, kommt sie hinzu:

Inzwischen vertreten wir nämlich auch eine wachsende Zahl von Mandanten, die privat oder geschäftlich 'unzumutbar belästigt' wurden und Wiederholungen der Anrufe, Telefaxe oder E-Mails abstellen wollen. Hier müssen die Spammer bereits die außergerichtlichen Gebühren für den abmahnenden Anwalt erstatten.

Beweisfragen

Faxe und E-Mails können Sie ausdrucken und vorzeigen. Was aber müssen Sie bei telefonischer Belästigung tun, um sich gegen Wiederholung zu wehren? Lediglich für die Beweisbarkeit des Anrufes sorgen. Fragen Sie die Anrufer nach seinem Namen und nach seiner Firma samt Ort, fast immer sagen sie das von sich aus. Wenn Sie die Rufnummernanzeige nicht aktiviert haben, genügt auch die eidesstattliche Versicherung Ihrer Sekretärin, die weiterverbunden hat. Verbraucher geben zur Vermeidung von Beweisnot den Telefonhörer an Ihren Partner weiter, der sich alles noch einmal erzählen läßt. Das scheinbare Interesse durch die Fortführung des Telefonats bis zur Erlangung der für die Abmahnung benötigten Informationen schadet ausdrücklich nicht und ist auch keine Einwilligung in die Telefonwerbung, wiederholt entschieden. Mehr noch: Gelingt Ihnen nicht, die benötigten Daten zu erfragen, können Sie den Anrufer sogar veranlassen, Ihnen einen Prospekt oä. zu schicken.

Die Rechtslage ist klar, wird aber gleichwohl hartnäckig ignoriert. Vermutlich sind die Gewinne, die mit den Angerufenen erzielt werden, noch immer höher als gelegentliche Kosten für Abmahnungen. Das wird sich erst ändern, wenn sich mehr durch unerwünschte Telefonanrufe Belästigte mit empfindlichen Kostenfolgen wehren.

Wenn Sie aber mal Zeit und besonders gute Laune haben: Drehen Sie den Anrufer um. Das macht Spaß. Wie das geht, finden Sie hier im aus den Niederlanden stammenden "Gegenskript".

Spam im Briefkasten

Und dann war da noch ...
... der eigene Briefkasten am Haus, der mit Reklamemüll gefüttert wird. Wenn mit einem gut sichtbaren Aufkleber, etwa mit dem Text: "keine Werbung" gekennzeichnet, darf nichts eingeworfen werden, Rechtsprechung des Bundesgerichts­hofes seit dem 20.12.1988 (VI ZR 182/88). Gleichwohl immer noch vorkommende Zuwiderhandlungen sind abmahnbar, die Veranlasser typischerweise nie weit entfernt.