Der häufigste Fall anwaltlicher Tätigkeit im Arbeitsrecht ist der Kündigungsschutzprozeß. Hier sind grundsätzlich kurze Fristen zu beachten, die Kündigungsschutzklage muß innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung erhoben sein. Einzelheiten im Kündigungsschutzgesetz, Sie sollten einen Blick darauf werfen, wichtig sind die §§ 1 bis 14. Aber auch wegen anderer Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis (z.B. Restlohn, Zeugniserteilung, Urlaubsabgeltung) gelten häufig kurze tarifvertragliche Ausschlußfristen, meist zwei Monate. Die Zugehörigkeit zu einem Tarifvertrag wird oft verkannt, viele sind für allgemeinverbindlich erklärt.
Die Kündigungsschutzklage wird immer auf die Feststellung gerichtet, daß das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung nicht erloschen ist. Im wirklichen Leben sind aber spätestens aufgrund der Kündigung die Fronten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verhärtet, das Verfahren endet überwiegend durch Vergleich mit der Zuerkennung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, üblicherweise ein halbes Bruttogehalt pro Beschäftigungsjahr, leider nicht mehr so steuerbegünstigt wie noch vor einigen Jahren. Der 'Gütetermin' vor dem Arbeitsgericht findet bereits etwa drei bis vier Wochen nach Klageerhebung statt, etwa 90% aller arbeitsrechtlichen Streitigkeiten werden dort durch Vergleich erledigt. Kommt es zu keiner Einigung, findet etwa drei Monate später der 'Kammertermin' statt, erst dort kann es zu einem streitigen Urteil kommen. Mehr Informationen zum Kündigungsschutz in dieser Broschüre des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage werden wir voraussichtlich folgende Daten benötigen; bitte bringen Sie vorhandene Unterlagen und Belege sofort mit sowie ggf. Angaben zu Ihrer Rechtsschutzversicherung:
- Arbeitnehmer:
Alter, Familienstand (Ehepartner erwerbstätig?), unterhaltsberechtigte Kinder
Schwerbehinderung / Schwangerschaft / Betriebsratszugehörigkeit
Neue Beschäftigung in Aussicht? - Betrieb:
Zahl der Beschäftigten (Voll- / Teilzeit / Auszubildende); Tarifvertragszugehörigkeit, soweit bekannt
Betriebsrat vorhanden, wenn ja: angehört?
vergleichbare Arbeitnehmer im Betrieb vorhanden? - Arbeitsvertrag:
Schriftlicher Arbeitsvertrag (befristet / unbefristet / Kündigungsfrist), Beginn der Tätigkeit
Vergütung (brutto / Zulagen / Auszahlungsdatum / Abrechnung) - Kündigung:
Zugangsdatum der Kündigung, ist die Kündigung mit einer Begründung versehen?
bei verhaltensbedingter Kündigung: wurden Abmahnungen erteilt? - Sonstiges:
Wird ein Zeugnis benötigt / ist ein bereits erteiltes Zeugnis korrekt?
Ist Urlaub abzugelten, der nicht mehr genommen werden kann?
Ist die Arbeitsbescheinigung erteilt?
In jedem Falle sollten Sie zur Vermeidung von Rechtsnachteilen sofort nach Erhalt einer Kündigung mit dieser das JobCenter aufsuchen, auch, wenn der Arbeitgeber Sie auf diese Obliegenheit nicht hinweist.
Eine der Besonderheiten im Arbeitsgerichtsprozeß erster Instanz ist, daß, unabhängig vom Ergebnis, jede Partei immer die eigenen Kosten trägt und niemals die des Gegners (§ 12a ArbGG). Gerade, wenn Sie arbeitslos geworden sind, werden Sie häufig Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beantragen können und müssen dann zunächst den eigenen Anwalt nicht zahlen.
Ist, auch ohne vorangegangenen Kündigungsschutzprozeß, Ihr Arbeitszeugnis korrekt? Haben Sie "stets zu unserer vollsten Zufriedenheit" gearbeitet oder "sich stets mit Fleiß und Eifer bemüht, die Ihnen übertragenen Aufgaben zu erledigen"? Arbeitszeugnisse enthalten Code, der nur für Eingeweihte verständlich ist. Wenn Sie die Formulierungen in Ihrem Zeugnis nicht hundertprozentig verstehen, legen Sie es mir vor; zügig, auch hier gelten häufig kurze Ausschlußfristen.
20.03.2012: In einer Grundsatzentscheidung stellt das Bundesarbeitsgericht fest, daß unterschiedlich lange Urlaubszeiten als diskriminierend unwirksam sind, wenn die unterschiedliche Urlaubslänge nur vom Lebensalter abhängt. Staffelungen nach Betriebszugehörigkeit bleiben zulässig. Enthält ihr Arbeitsvertrag dagegen eine altersbedingte Staffelung, häufig ist jung 24 oder 26 Tage, ab etwa Alter 40 jährlich 30 Tage Jahresurlaub, haben Sie ab sofort Anspruch auf den längsten Urlaub. Die Minderurlaube der Vergangenheit, abgesehen vom letzten Jahr, dürften allerdings verfallen sein.