Ehevertrag und Ehescheidungsfolgenvereinbarung
Viele Mandanten waren bei mir und wollten einen Ehevertrag schließen. Die meisten hatten falsche Vorstellungen vom ehelichen Güterrecht und sind ohne Ehevertrag wieder gegangen, beseelt von der Erkenntnis, daß sie keinen benötigen.
In unserem Land gibt es keine Sippenhaft. Eheleute haften nicht wechselseitig für die Schulden des anderen. Niemand benötigt nur deshalb einen Ehevertrag, weil sein Partner sich selbständig machen oder er einen hoch verschuldeten Partner heiraten will.
Was kann man durch Ehevertrag sinnvoll regeln?
1. Ausschluß Versorgungsausgleich für beschleunigte Scheidung
Wenn Sie sich scheiden lassen wollen und das hierzu erforderliche Trennungsjahr gerade erst begonnen hat, kann ein Ehevertrag mit dem alleinigen Inhalt 'Ausschluß des Versorgungsausgleich' das Ehescheidungsverfahren erheblich verkürzen, weil dann für keinen der Eheleute eine Rentenauskunft eingeholt werden muß, was Monate dauert, selbst wenn keine Lücken oder Auslandsanwartschaften vorliegen. Das kann sachgerecht sein, wenn beide Eheleute während der Ehezeit etwa gleich hohe Rentenanwartschaften erworben haben oder der mit der geringeren Anwartschaft anderweit abgesichert ist. Mit der Familienrechtsreform zum 01.09.2009 ist die früher bestehende Beschränkung weggefallen, wonach der Ausschluß unwirksam war, wenn der Ehescheidungsantrag früher als ein Jahr nach der Beurkundung gestellt wurde. Ein solcher Ehevertrag, der nur den Versorgungsausgleich ausschließt, kostet 167,14 € an Gebühren für den Notar.
2. Umverteilung von Grundbesitz anläßlich der Scheidung
Bei vorhandenem Grundbesitz erfolgt im Zusammenhang mit der Scheidung gelegentlich eine Übertragung des gesamten Grundbesitzes auf einen Ehepartner allein gegen Freistellung von Finanzierungsdarlehen und Wertausgleich, eigentlich ein Kauf, den wir aber Ehevertrag nennen, weil er den gesamten Zugewinn ausgleicht, ggf. auch noch den Hausrat verteilt.
3. nachhaltige Erbschaft / stark unterschiedliche Vermögen
Wenn ein Ehepartner bei Ehebeginn größeres Vermögen hat, das nicht ohne weiteres verflüssigt werden kann, zB. eine Firma, oder wenn abzusehen ist, daß ein Ehepartner große Vermögenswerte erben wird, kann man insoweit die Durchführung des Zugewinnausgleiches ausschließen. Die Firma oder das Erbe unterliegen zwar nicht dem Zugewinnausgleich, wohl aber deren Wertsteigerungen, die nach Erwerb während der Ehezeit eingetreten sind. Der Streit über diesen Wert kann lang und teuer werden.
4. Problematisch: Verzicht auf Unterhalt
Möglich, aber problematisch ist die Beschränkung des Anspruches auf Unterhalt für die Zeit nach der Scheidung, seit der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung verschärft hat: Kinderlose Eheleute, beide erbwerbstätig und annähernd gleich verdienend, hatten ehevertraglich wechselseitig auf alles und jedes verzichtet. Als es zur Scheidung kam, hatten sich die Verhältnisse grundlegend geändert, die Ehefrau arbeitete nicht mehr, sondern betreute die inzwischenen geborenen Kleinkinder. Der Bundesgerichtshof hielt aufgrund der veränderten Umstände den Unterhaltsverzicht für unwirksam. Sie können nach wie vor auf Nachscheidungsunterhalt durch Ehevertrag verzichten, müssen aber gegebenenfalls Ihre Vereinbarung an veränderte Umstände anpassen. Ansprüche auf sozialstaatliche Leistungen konnte man durch ehevertraglichen Unterhaltsverzicht noch nie begründen. Für die Zeit des Getrenntlebens vor der Scheidung kann man nicht auf Unterhalt verzichten.
5. Festlegung von Unterhalt
Seit dem 01.01.2008 ist das Unterhaltsrecht jedenfalls dem Gesetzeswortlaut nach dahin geändert, daß die geschiedene Frau keinen Unterhalt mehr erhält, sobald das jüngste Kind drei (!) Jahre alt ist; ab dann muß sie vollschichtig arbeiten, weil man die Kinder ja betreuen lassen kann. Die Rechtsprechung versucht, etwas zu korrigieren. Klarheit und Rechtssicherheit, welche Ansprüche die nicht erwerbstätige Mutter mit zwei Kindern von 7 und 11 Jahren genau hat, wird sich erst in einigen Jahren einstellen. Seither bespreche ich diesen Gesichtspunkt im Zusammenhang mit Eheverträgen und rege Korrekturen an: Die Die Zahl der zukünftigen Ehemänner, die willig sind, ihrer Frau ehevertraglich einen Mindestunterhalt zu versprechen (z.B. Arbeit nur im Minijobumfang, solange noch ein Kind zur Grundschule geht, danach halbtags, bis es 14 Jahre alt ist), ist erstaunlich hoch! Eine Regelung durch Ehevertrag schafft hier sofortige Klarheit und macht Sie nicht abhängig von der Beliebigkeit und Unverhersehbarkeit der deutschen Rechtsprechung.
Sie merken schon, ich halte in den meisten Konstellationen nicht viel von Eheverträgen, vor allem ausgenommen die Ehescheidungsfolgenvereinbarung. Es mag den einen oder anderen Notar geben, der das anders sieht; immerhin erbringt der beurkundete Ehevertrag viermal soviel an Gebühren wie die Beratung über seine Entbehrlichkeit. Bei größeren Vermögen oder anstehenden namhaften Erbschaften würde allerdings auch ich zu einem notariellen Ehevertrag raten, weil er zermürbende Schlammschlachten anläßlich einer späteren Scheidung vermeiden kann.
Kosten des Ehevertrages
Zwei Gebühren aus der Tabelle B zum Gerichts- und Notarkostengesetz. Geschäftswert für die Güterstandsvereinbarung ist das zusammengerechnete Vermögen beider Eheleute, Schulden dürfen jeweils bis zur Hälfte des Vermögens abgezogen werden. Wird eine Regelung zum Nachscheidungs- oder Kindesunterhalt getroffen, erhöht sich der Geschäftswert um ein nach § 52 GNotKG zu berechnendes Vielfaches des Jahresunterhaltes. Weitere mögliche Regelungsgenstände, z.B. elterliche Sorge, kommen werterhöhend hinzu, bei geringer wirtschaftlicher Bedeutung mit dem Auffangwert von jeweils 5.000,00 €. Wegen der Mindestgebühr für Verträge von 120,00 € entstehen Kosten von insgesamt mindestens 167,14 €.