Thomas Grosse
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Thomas Grosse

Rechtsanwalt und Notar
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Zwangs­vollstreckung

Pfandsiegel

Ein 'Titel', ein Urteil oder ein Vollstreckungs­bescheid auf Zahlung eines Geldbetrages, verhilft Ihnen noch nicht ohne weiteres zu Geld. Zahlt der Schuldner nicht freiwillig, muß die Zwangsvoll­streckung betrieben werden. Eine Möglichkeit ist der Versuch einer

Mobiliar­pfändung:

(Mobilien nennen die Juristen bewegliche Sachen, das Gegenteil sind die Immobilien) Ein Gerichtsvoll­zieher wird beauftragt, er sucht den Schuldner auf und sieht nach, ob pfändbares Geld oder pfändbare Habe vorhanden ist. Gepfändete Gegenstände werden versteigert, der Gläubiger erhält den nach Abzug der Kosten verbleibenden Erlös. Sachen, die dem Lebensunterhalt oder dem Erwerbsbetrieb des Schuldners dienen, dürfen allerdings nicht gepfändet werden, bei anderen Dingen ist die Pfändung nicht zulässig, wenn der zu erwartende Versteigerungserlös völlig außer Verhältnis zum Wert steht. Die Erfolgsquote der Pfändung beweglicher Sachen liegt unter 5%.

Vermögens­auskunft (früher: Eidesstattliche Versicherung):

Seit 2013 ist das Verfahren zur Abgabe der Vermögens­auskunft zulässig, ohne daß zuvor eine Mobiliarpfändung vergeblich versucht wurde. Die Vermögensauskunft ist heute das Hauptinstumentarium der Zwangsvollstreckung. Offenbarungsversicherung nannte man sie früher, noch früher 'Offenbarungseid': Der Schuldner muß einen Vordruck 'Vermögensverzeichnis' beschriften über sein Vermögen, seine Forderungen, seine Bankverbindungen und seine Einkommensquellen und die Richtigkeit seiner Angaben an Eides Statt versichern. Falsche oder unvollständige Angaben sind strafbar. Erscheint der Schuldner zur Abgabe des Vermögensverzeichnisses nicht beim Gerichtsvollzieher, erläßt das Gericht einen Haftbefehl, mit dem der Gerichts­vollzieher den Schuldner solange einsperren könnte, bis das Verzeichnis erstellt ist.

Das Vermögensverzeichnis abzugeben und schon der Erlaß des Haftbefehls führt zur Eintragung in das gerichtliche Schuldnerverzeichnis sowie in private Verzeichnisse, das bekannteste darunter die SchuFa, was die Kreditwürdigkeit des Schuldners nachhaltig beeinträchtigt. Dieser Umstand bewegt mitunter Schuldner, doch noch Zahlungen zu leisten. Andernfalls erfährt man wenigstens alle Einkommens- und Vermögensquellen und kann mit Glück etwas pfänden.

Lohnpfändung und Kontenpfändung:

Mit den Erkenntnissen aus dem Vermögensverzeichnis können Lohnpfändung oder Kontopfändung betrieben werden. Der vom Gericht auf Antrag erlassene 'Pfändungs- und Überweisungsbeschluß' wird dem Arbeitgeber oder der Bank zugestellt, die Auskunft über die gepfändete Forderung erteilen müssen. Größere Teile des Arbeitslohns sind unpfändbar, abhängig von den Unterhaltsverpflichtungen des Schuldners. Seit dem 01.07.2010 können Schuldner ihr Bankkonto in ein "P-Konto" mit entsprechendem Pfändungsschutz umwandeln lassen. Dazu unten mehr.

Hier ist die die Tabelle zu den Pfändungsfreigrenzen ab 01.07.2019.

Kosten

Jede der drei vorbeschriebenen Maßnahmen kostet an Anwaltsgebühren eine 3/10-Gebühr aus dem zu voll­streckenden Betrag nach der Tabelle zum Rechtsanwalts­­vergütungsgesetz, bei der Vermögensauskunft ist allerdings der Gebührenwert gedeckelt auf 2.000,00 €. Hinzu Gerichtsvollzieher­gebühren in ähnlicher Höhe.

Alternativen

In Fällen, wo von vorn herein bekannt ist, daß beim Schuldner nichts zu holen ist, z.B. bei Arbeitslosigkeit in vorgerücktem Alter oder geringer Rente, sollte gut überlegt werden, ob man gutes Geld schlechtem hinterherwirft oder schon die Klageerhebung unterläßt; der Gläubiger ist immer Zweitschuldner aller Kosten des Gerichts und des eigenen Anwalts.

War der Schuldner eine Verbindlichkeit eingegangen, obwohl er von Anfang an hätte wissen müssen, daß er sie nicht bezahlen kann? Das nennen wir Betrug. Eine Strafanzeige führt mitunter zu einer Freiheitsstrafe mit Aussetzung zur Bewährung, verbunden mit der Bewährungsauflage, den Schaden wiedergutzumachen. Die Aussicht, bei ausbleibender Zahlung Freiheitsstrafe verbüßen zu müssen, führt zu einer erstaunlichen Verbesserung der Zahlungs­moral. Entsprechendes gilt bei Unterhaltspflicht­verletzungen.

"Inkassounternehmer", die Schuldner aufsuchen und gleich mit einem kräftigen Händedruck begrüßen, noch dazu mit dem Namen einer osteuropäischen Großstadt in der Firmenbezeichnung, sind keine Alternative, sondern können leicht zur eigenen Strafbarkeit führen wegen Anstiftung zur Nötigung oder Schlimmerem.

Notarielles Schuldanerkenntnis

Geht es z.B. bei aktueller Arbeitslosigkeit primär darum, den Eintritt der Verjährung (meist nach drei Jahren zum Jahresende) einer Forderung zu verhindern, bietet sich an, dem Schuldner zur Vermeidung der erheblichen Kosten eines gerichtlichen Klageverfahrens nahezulegen, ein notarielles Schuldanerkenntnis zu beurkunden, ggf. sogar die Kosten dafür selbst zu tragen. Das kostet nur einen Bruchteil der Kosten eines Prozesses. Nachstehend vier ausgerechnete Beispiele, gegenübergestellt notariell beurkundetes Schuldanerkenntnis und Titulierung der Forderung durch Versäumnisurteil (Anwalts- und Gerichtskosten):

Schuldnot. Schuld-
anerkenntnis
Versäumnis-
urteil
≤ 7.00076,991.443,31
20.000133,002.648,16
50.000201,944.152,95
200.000523,249.573,65


Schuldnerschutz - P-Konto

Bei der Pfändung von Lohn oder Gehalt mußte der Arbeitgeber bei der Berechnung des pfändbaren Teis des Einkommens schon immer die gesetzliche Pfändungs­freigrenze beachten, die gewährleistet, daß dem Schuldner das für ihn und seine Familie lebensnotwendige Mindest­einkommen verbleibt. Die Höhe des pfändungsfreien Betrages ist vom Einkommen abhängig und ergibt sich je nach Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen aus der Tabelle in der Broschüre des Justizministeriums, die bisher zum 01.07. jedes ungeraden Jahres an den Kaufkraftschwund angepaßt wurde.

Erfolgte die Pfändung dagegen nicht in Arbeitseinkommen, sondern, z.B. bei Selbständigen, in Guthaben auf einem Bankkonto, mußte der Schuldner bisher immer beim Amtsgericht einen Beschluß über die Freigabe des unpfändbaren Betrages seiner Einkünfte erwirken. Bis dahin war das Konto blockiert.

Seit dem 01.07.2010 kann jeder Kontoinhaber von seiner Bank die Umwandlung seines Kontos in ein sog. P-Konto (Pfändungsschutzkonto) verlangen, auch noch bei schon bestehender Pfändung innerhalb von vier Tagen. Jeder Schuldner kann immer nur ein einziges P-Konto unterhalten, Schufa-Mitteilungen verhindern den Parallelbetrieb mehrerer P-Konten.

Automatisch besteht auf diesem P-Konto zunächst ein Pfändungsschutz in Höhe des Grundfreibetrages gemäß § 850c ZPO iVm. der jeweils aktuellen Pfändungsfreigrenzen­bekanntmachung, ab dem 01.07.2023 sind das 1.410,00 € je Kalendermonat. Der Betrag erhöht sich bei bestehenden Unterhaltspflichten um 527,76 € für die erste und um je weitere 294,02 € für die zweite bis fünfte unterhaltsberechtigte Person. Diese Beträge zu finden, ist etwas tricky: Sehen Sie in die Bekanntmachung: ... Beträge erhöhen sich ... in Abs. 1 Satz 1: Betrag in der ersten Zeile (Grundfreibetrag), ... in Abs. 1 S. 2 ... Beträge in der vierten (erster Unterhaltsberechtigter) und siebten (weitere Unterhaltsberechtigte) Zeile. Zusätzlich sind Kindergeld und Kinderzuschläge pfandfrei. Die zum Nachweis des erhöhten Freibetrages erforderliche Bescheinigung stellen wir Ihnen aus gegen Vorlage entsprechender Belege (Bescheid des Sozialleistungs­trägers, Nachweise über bestehende Haushaltsgemeinschaft, z.B. Ausweis). Zu den weiteren Personen im Haushalt müssen Sie plausibel machen, daß diese unterhaltsberechtigt sind, insbesondere über kein Einkommen verfügen. Über die Höhe der dafür zu zahlenden Gebühr wird gerätselt, eine gesetzliche Regelung gibt es nicht, wir berechnen z.Zt. 20,00 €.

Nicht aufgebrauchte Freibeträge werden einmal in den nächsten Monat übertragen.

Das P-Konto ermöglicht also insbesondere dem Schuldner, dessen Konto gepfändet ist, weiterhin die Teilnahme an dem heutzutage unvermeidlichen bargeldlosen Zahlungsverkehr. Hier zur Information des Bundesjustizministeriums mit weiteren Informationen zum P-Konto.

Seit dem 01.01.2012 ist Schutz vor Kontopfändungen nur noch bei P-Konten möglich. Die bisherige Möglichkeit, beim Amtsgericht einen Freigabebeschluß für unpfändbare Beträge auf 'normalen' Konten zu erwirken, ist weggefallen. Stellen Sie, wenn Pfändungen drohen, Ihr Konto um, bis zu vier Tagen Bearbeitungszeit benötigt Ihre Bank dafür! Mehr Informationen hier bei der Verbraucherzentrale NW.

Schufa-Auskunft

Stehen Sie in der Schufa? Sind die dort über Sie gespeicherten Daten zutreffend? Einmal jährlich können Sie eine kostenlose Auskunft über Ihre Daten verlangen, § 57 BDSG 2018. Hier ist das Anfrageformular. Eine Kopie Ihres Personalausweises müssen Sie beifügen als Nachweis Ihrer Identität. Etwas komplizierter geht es seit Juli 2023 auch hier über die "bonify-app".

Die Androhung eines Inkassounternehmens, eine nicht titulierte Forderung der Schufa mitzuteilen, ist unzulässig, urteilte am 19.03.2015 der Bundesgerichtshof.