Gebühren des Anwalts
in zivilrechtlichen Streitigkeiten
Sind Sie rechtsschutzversichert und ist ihr Anliegen vom Versicherungsschutz erfaßt (nicht jedes Risiko ist versicherbar, niemals zB. Ehescheidungen, Bauprozesse oder Strafverteidigung außerhalb des Straßenverkehrs), sind die Gebühren von Anwalt und Gericht nicht Ihr vordringliches Problem. Ebenso nicht, wenn Ihnen als Geringverdiener Ansprüche auf
- Beratungshilfe (außergerichtliche Tätigkeit) oder
- Prozeßkostenhilfe (Vertretung vor Gericht) zustehen.
Einzelheiten hierzu auf gesonderten Seiten. Was aber kostet die anwaltliche Tätigkeit in einer zivilrechtlichen Streitigkeit, wenn Sie selbst zahlen?
Geregelt ist alles im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das wir hier natürlich nur in den Grundzügen darstellen können. Die Höhe der Gebühren im Zivilprozeß ist zunächst abhängig von einem sogenannten 'Gegenstandswert' (§§ 2, 22 ff RVG, auch 'Streitwert' genannt). Ergänzende Regelungen zu diesem finden sich im Gerichtskostengesetz und in der Zivilprozeßordnung. In bestimmten Fällen, etwa bei außergerichtlicher Tätigkeit, wird die Gebürenhöhe weiter bestimmt durch Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit sowie die Einkommens- und Vermöensverhältnisse des Auftraggebers. Dann gibt das Gesetz einen Gebührenrahmen vor, innerhalb dessen die einzelnen Umstände angemessen berücksichtigt werden können. Im Zweifel, im wirklichen Leben meistens, nimmt man den Mittelwert dieses Gebührenrahmens, die 'Mittelgebühr'.
Gegenstandswert als Berechnungsgrundlage
Das gesetzliche System der Gebührenabrechnung nach Gegenstandswerten gab es schon immer. Warum der Anwalt Gebühren erhält für die Scheidung von Sozialhilfe beziehenden Eheleuten in Höhe von 773,50 €, für die Scheidung von Eheleuten mit zusammen monatlichem Nettoeinkommen von 10.000,00 € dagegen von 1.820,70 €, ist angesichts des gleichen Aufwandes schwer verständlich. Der Gesetzgeber geht davon aus, daß die Verfahren mit hohen Streitwerten die Verfahren um Kleingeld gewissermaßen subventionieren sollen. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß der Anwalt bei höherem Streitwert auch ein höheres Haftungsrisiko trägt.
Wollen Sie, wie meistens, einen bezifferten Betrag verlangen (Mietrückstand, Kaufpreis) ist das der Gegenstandswert. Manchmal ist es etwas komplizierter. Einige Beispiele zum Gegenstandswert:
- Wiederkehrende Leistungen, zB. Unterhalt: Jahresbetrag;
- Räumungsklage für eine Mietwohnung: Jahresbetrag der Kaltmiete, ggf. hinzu die Mietrückstände;
- vorzunehmende Handlungen, zB. Nachbesserungsarbeiten, Entfernen eines Baums, der zu dicht an Ihrer Grundstücksgrenze steht: Die erforderlichen Kosten, notfalls geschätzt;
- Ehescheidung: Nettoverdienst beider Eheleute in den letzten drei Monaten, hinzu meist 1.000,00 € für den Versorgungsausgleich;
- Verkehrsunfall: der angerichtete Schaden, Reparaturkosten, Sachverständigengebühren, Nutzungsausfall, ggf. Schmerzensgeld;
- Auskunfterteilung: Deren Mühe, meist auf 500,00 € geschätzt,
- Nichtvermögensrechtlicher Streit, zB. Widerruf einer Ehrenkränkung, Unterlassen von Belästigungen: Geschätzter Wert, bei völlig fehlenden Anhaltspunkten für eine Schätzung 5.000,00 €.
Nach Ermittlung des Gegenstandswertes ist die Gebührenberechnung nicht mehr schwierig. Hier ist die ab dem 01.01.2021 geltende
zu Gerichtskostengesetz und Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, maßgeblich ist die Spalte "RVG". Die Spalte "PKH" gibt die gekürzten Gebühren an, die ein im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordneter Anwalt erhält.
Hier die Tabelle ab 2013, die noch für Fälle gilt, die vor dem 01.01.2021 begonnen haben.
Höhe der Gebühren
- Beratung: Die Gebühr beträgt im Regelfall das 0,6-fache der vollen Gebühr. Sind Sie Verbraucher und erfolgt nur eine einmalige Beratung (sog. "Erstberatung"), beträgt die Gebühr maximal 190,00 €; diese Hüchstgrenze ist erreicht bei einem Gegenstandswert über 5.000,00 €.
- Außergerichtliche Tätigkeit: Sind Umfang und Schwierigkeit durchschnittlich, entsteht eine Gebühr des 1,3-fachen Satzes, die sich bei Abschluß eines Vergleiches auf 2,8 erhöht.
- Vertretung vor Gericht: Hier entstehen 2,5 Gebühren, bei Abschluß eines Vergleiches 3,5 Gebühren, ist der Gegner nicht erschienen und ergeht Versäumnisurteil, 1,8 Gebühren. Ein Berufungsverfahren kostet 2,8 Gebühren, mit Vergleich 3,8 Gebühren
- Zwangsvollstreckung: 0,3 Gebühren, je gesondert z.B. für Mobiliarpfändungsauftrag, Kontenpfändung oder Vermögensauskunft (die frühere eidesstattliche Versicherung); bei letzterer ist allerdings der Gegenstandwert auf 2.000,00 € gedeckelt.
Bei mehreren Auftraggebern erhöht sich die Gebühr um 0,3 je weiterem Auftraggeber. Hinzu kommen in allen Fällen Portoauslagen, ggf. Auslagen für Kopien und die Mehrwertsteuer.
Gewinnen Sie einen Prozeß, muß Ihr Anspruchsgegner alles zahlen, ausgenommen bei Arbeitsgerichtsprozessen erster Instanz, wo ergebnisunabhängig immer jede Partei ihre eigenen Kosten trägt. Entsprechendes gilt, wenn Ihr Anwalt außergerichtlich tätig wird, wenn der Anspruchsgegner im Verzug war oder sich schadensersatzpflichtig gemacht (zB. einen Verkehrsunfall verursacht) hat. Ist allerdings beim Gegner 'nichts zu holen', bleiben Sie als Auftraggeber Schuldner der Gebühren Ihres eigenen Anwalts und ggf. des Gerichts.
Seit dem 01.07.2008 ist in bestimmten Fällen zulässig, eine individuelle Vergütungsvereinbarung ("Erfolgshonorar") zu treffen. Fragen Sie uns einfach!
Anhang: Gerichtskosten
Diese betragen in der ersten Instanz drei Gebühren nach der oben stehenden Tabelle zum Gerichtskostengesetz (Spalte 'GKG'), für Ehescheidungen zwei Gebühren. Bereits mit Klageerhebung muß der Kläger diese Gerichtskosten in voller Höhe vorausbezahlen, sofern nicht Prozeßkostenhilfe beantragt wird. Endet der Rechtsstreit durch Vergleich, Anerkenntnisurteil oder Klagerücknahme, werden zwei Gebühren erstattet. Die Geltendmachung einer Geldforderung durch Mahnbescheid kostet zunächst eine halbe Gebühr (mindestens aber 32,50 €); legt der Antragsgegner allerdings Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein, sind weitere 2,5 Gebühren zu zahlen.
Prozeßrisiko
Damit wären wir beim "Prozeßrisiko": Einen Prozeß zu verlieren bedeutet, wenn auch der Gegner anwaltlich vertreten ist, zwei Anwälte und alle Gerichtskosten zahlen zu müssen. Der größte annehmbare Unglücksfall tritt ein, wenn Sie die erste Instanz gewinnen und im Berufungsverfahren (dort sind die Gebühren von Anwalt und Gericht noch etwas höher) verlieren und damit beide Instanzen zahlen müssen. Hier ist ein recht verständlicher Gebührenrechner.
Anhang II: Anwaltsgebühren in Strafsachen
... sollen hier nur ganz kurz erwähnt werden: Gebühren für die Strafverteidigung sind nur durch einen Gebührenrahmen beschrieben, innerhalb dessen sich der Anwalt orientiert an Umfang und Schwierigkeit der Sache und Einkommensverhältnissen des Angeklagten. Ist der Anwalt von Anfang an dabei und sind alle Umstände durchschnittlich, können Sie bei einem Verfahren vor dem Amtsgericht mit etwa 850,00 € rechnen, wenn ein Verhandlungstag genügt. Hinzu Fahrt- und Kopierkosten. Für jeden weiteren Verhandlungstag kommen etwa 270,00 € hinzu. Verfahren vor der Strafkammer (Landgericht) sind etwa 80,00 € teurer. Strafverteidiger werden üblicherweise erst tätig, wenn ein namhafter Gebührenvorschuß gezahlt wurde. In komplizierten oder schweren Fällen kommt evtl. die Beiordnung Ihres Anwaltes als Pflichtverteidiger in Betracht.